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  • RA Kai Recklies

AG Lichtenberg: Bei Verstoß gegen Mietpreisbremse kann Mieter überzahlte Miete zurückfordern


Das AG Berlin-Lichtenberg hat die Vorschriften über die so genannte Mietpreisbremse angewandt und eine Vermieterin zur Rückzahlung von überhöhter Miete verurteilt.

Damit liege – soweit ersichtlich – erstmals ein Berliner Urteil vor, in dem es um Mietschutz in Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt geht, so das Amtsgericht.

Die Parteien des Rechtsstreits hatten am 16.10.2015 einen Mietvertrag über die Vermietung einer 73,95 m² großen, in Berlin-Lichtenberg gelegenen Wohnung abgeschlossen. Danach betrug die von den Mietern zu zahlende Miete 562,02 €; dies entspricht einem Mietzins von 7,60 € netto kalt pro Quadratmeter. Mit Schreiben vom 12.10.2015 wandten sich die Mieter an die Vermieterin und beanstandeten, dass die zu zahlende Miete im Hinblick auf die seit 01.06.2015 in Berlin geltende Mietenbegrenzungsverordnung um 32,47 Euro monatlich zu hoch sei. Da die Vermieterin sich nicht auf eine Verringerung der Miete einließ, erhoben die Mieter nachfolgend Klage auf Rückzahlung überhöhter Miete für die Monate November 2015 bis einschließlich Mai 2016, also insgesamt 227,29 €.

Das AG Berlin-Lichtenberg hat den Mietern in vollem Umfang Recht gegeben.

Nach Auffassung des Amtsgerichts ist aufgrund der Mietenbegrenzungsverordnung das gesamte Gebiet der Stadt Berlin als ein Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt bestimmt worden. Somit gelte § 556d Abs. 1 BGB, der für Bestandswohnungen wegen des überdurchschnittlichen Anstiegs der Mieten in diesen Gebieten, in denen das Angebot regelmäßig niedriger ist als die Nachfrage an freien Wohnungen, Beschränkungen vorsieht. In dem hier entschiedenen Fall liege ein Verstoß gegen § 556d Abs. 1 BGB vor. Die Miete für die streitgegenständliche Wohnung übersteige die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 10 %. Zulässig sei nur eine Höchstmiete von 7,161 €/m² (6,51 € + 10%), d.h. von insgesamt von 529,55 € netto kalt. Die Differenz von je 32,47 Euro für die Monate November 2015 bis Mai 2016 müsse die Vermieterin daher an die Mieter zurückzahlen.

Der Vergleichsmietzins sei anhand des Berliner Mietspiegels 2015 zu ermitteln, der als einfache Schätzgrundlage angewendet werden könne. Denn er sei vom Land Berlin sowie von Interessenvertretern der Mieter und Vermieter anerkannt worden. Die Berechnung der Miete anhand dieses Mietspiegels ergebe eine Vergleichsmiete von 6,51 €/m². Der Mittelwert für das maßgebliche Mietspiegelfeld H 2 liege bei 5,66 €/m². Hinzuzurechnen sei der Wert des Sondermerkmals "Modernes Bad" in Höhe von 0,40 €/m². Ferner sei zwischen den Parteien zwar unstreitig, dass aufgrund der weiteren Wohnungsmerkmale nach der so genannten Spanneneinordnung ein Zuschlag von 100% der Differenz zwischen Mittelwert und Oberwert, also ein Betrag von 0,85 €/m², gerechtfertigt sei. Jedoch dürfe der Spannenoberwert von 6,51 €/m² in diesem Fall nicht überschritten werden. Dies sei ausdrücklich in der Orientierungshilfe des Mietspiegels unter Ziffer 11.3 ausgeschlossen worden. Eine Ausnahme sehe die Orientierungshilfe nur vor, wenn mehrere Sondermerkmale in der Addition ihrer Summe den Oberwert übersteigen würden, was hier nicht der Fall sei. Dadurch könne zwar hier der Wert des Sondermerkmals "Modernes Bad" nicht vollständig ausgeschöpft werden. Allerdings hätten sich die Ersteller des Mietspiegels bewusst für eine solche einschränkende Berücksichtigung von Sondermerkmalen gegenüber der Spanneneinordnung entschieden, wie sich auch aus den Ergebnissen der Arbeitsgruppensitzungen ergebe.

Das Urteil ist nicht mit der Berufung anfechtbar, da der Wert der Beschwer (d.h. hier der Urteilssumme) nicht den erforderlichen Betrag von 600 € übersteigt und die Berufung auch nicht zugelassen worden ist.

Quelle: Pressemitteilung des AG Lichtenberg Nr. 51/2016 v. 29.09.2016


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