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RA Michael Recklies

BGH: Kein Anspruch des Altbaumieters auf Neubau-Wärmedämmung


Makler Nebenpflicht steuerrechtliche Fragen

Auch keine Mietminderung für Wärmebrücken bei Einhaltung des im Errichtungszeitpunkt der Wohnung üblichen Bauzustandes Große Erleichterung hat sicherlich das am 05.12.2018 – VIII ZR 271/17 – verschaffte Urteil des 8. Zivilsenats beim Bundesgerichtshof dem beklagten Vermieter einer Wohnung in Norddeutschland verschafft. Das vorangegangene Urteil des Landgerichts Lübeck wurde durch diese Entscheidung aufgehoben und die Klage des Mieters abgewiesen. Verlangt hatte der Mieter die Feststellung, dass ihm nicht nur ein Minderungsrecht in Höhe von 15 % der Bruttomiete zustehe, sondern auch darüber hinaus ein Kostenvorschuss für die Anbringung einer Wärmedämmung in der Wohnung in Höhe von nicht weniger als € 12.000,00. Das in zweiter Instanz zuständige Landgericht Lübeck hatte dieser Klage bemerkenswerter Weise stattgegeben mit der Begründung, dass nach der Verkehrsanschauung ein Mieter auch ohne besondere vertragliche Vereinbarung stets einen Mindeststandard zeitgemäßen Wohnens erwarten dürfe, der heutigen Maßstäben gerecht werde. Zwar hätte die Wohnung zum Zeitpunkt ihrer Errichtung den damals geltenden baurechtlichen Anforderungen uneingeschränkt entsprochen, weil im Jahre der Errichtung eine Wärmedämmung noch nicht Bestandteil der geltenden Regeln der Bautechnisch gewesen sei. Es ergebe sich aber aufgrund der heute gültigen DIN-Vorschriften angesichts der vorhandenen Wärmebrücken in der Wohnung ein konkretes Risiko der Schimmelpilzbildung, welches die Mieter allein mit „alltagsüblichen Lüftungs- und Heizverhalten“ nicht verhindern könnten. Es komme deshalb auch gar nicht darauf an, ob und wie viel Feuchtigkeit durch das konkrete Nutzungsverhalten der jeweiligen Mieter entstehe, so lange sich dieses Nutzungsverhalten im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs bewege. Da unter den genannten Bedingungen nicht sichergestellt sei, dass es zu keiner Schimmelpilzbildung komme, liege darin bereits ein bauseits bedingter und vom Vermieter zu vertretender Mangel vor, so dass es überhaupt nicht darauf ankomme, ob Schimmel auch tatsächlich aufgetreten sei. Hätte sich der Bundesgerichtshof dieser Auffassung angeschlossen, hätte dies zu einem vollständigen Umsturz der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zum mietrechtlichen Mangelbegriff geführt, mit katastrophalen wirtschaftlichen Folgen für alle Vermieter von Altbauwohnungen, die vor dem Inkrafttreten der heutigen Bestimmungen für Wärmedämmungen im Wohnungsbau errichtet worden sind. Indessen hat der Bundesgerichtshof nicht hinter dem Berg gehalten, die Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes als unvereinbar mit dem gesetzlichen Begriff des Mangels im Wohnraummietrecht zu bewerten. Das Urteil des Landgerichts Lübeck wurde aufgehoben und dahin abgeändert, dass dem Mieter weder ein Minderungsanspruch für die vorgetragene Schimmelpilzgefahr noch ein Anspruch auf Leistung eines Kostenvorschusses für die Anbringung einer Wärmedämmung zusteht. Der Bundesgerichtshof kommt zu dem Ergebnis, dass die Beurteilung des Berufungsgerichts einer rechtlichen Nachprüfung nicht standhält. Der Bundesgerichtshof hält an der Rechtsauffassung fest, dass sich die vertragsgemäße bauliche Beschaffenheit einer Wohnung auch hinsichtlich der Wärmedämmung und der im vorliegenden Fall vorhandenen geometrischen Wärmebrücken mangels konkreter vertraglicher Vereinbarungen der Mietvertragsparteien grundsätzlich nach dem im Zeitpunkt der Erbauung des Gebäudes geltenden Maßstab richtet, so dass eine im Einklang mit den zu diesem Zeitpunkt geltenden Regeln der Baukunst errichtete Wohnung vertragsgemäß ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Berufungsgericht herangezogenen „Mindeststandard zeitgemäßen Wohnens“. Ebenfalls von Rechtsirrtum beeinflusst ist die weitere Annehme des Berufungsgerichts, dass dem Mieter zumutbare Lüftungs- und Heizverhalten sei abstrakt-generell nach den vom Berufungsgericht für „üblich“ erachteten Eckwerten ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festzulegen und eine auf der Basis eines derart bestimmten Wohnverhaltens ermittelte bloße „Gefahr einer Schimmelpilzbildung“ sei einem Mangel gleichzustellen. Das Berufungsgericht hingegen sei, so der BGH weiter, zwar im Ansatzpunkt von der genannten Senatsrechtsprechung ausgegangen, habe aber diese jedoch anschließend in ihr Gegenteil verkehrt, in dem es – unter grundlegender Verkennung der Senatsrechtsprechung zum „Mindeststandard zeitgemäßen Wohnens“ – bei der Beurteilung des Vorliegens eines möglichen Mangels der Wohnung eine erst Jahrzehnte nach der Erbauung des Gebäudes in Kraft getretene DIN-Vorschrift herangezogen habe. Auch die Auffassungen des Berufungsgerichts über die von ihm angenommene Unzumutbarkeit des erforderlichen Lüftungsverhaltens für die Mieter wird vom Bundesgerichtshof nicht geteilt. Das Berufungsgericht habe außer Acht gelassen, dass allgemein üblich ist, nach Vorgängen, die mit einer besonders starken Feuchtigkeitsentwicklung verbunden sind, wie etwa Kochen, Duschen und Waschen, den davon betroffenen Raum sogleich zu lüften, um die vermehrte Feuchtigkeit durch Luftaustausch alsbald aus der Wohnung zu entfernen. Auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, es sei dem Mieter unter allen Umständen nicht zumutbar, bei der Möblierung von Außenwänden der Wohnung irgendeine Einschränkung hinzunehmen und dies zur Folge habe, dass bereits die bloße Gefahr einer Schimmelpilzbildung, die durch ein Aufstellen von Möbeln direkt und ohne Abstand an einer baualtersgemäß ungedämmten Außenwand entstehe, generell einen zur Minderung der Miete führenden Mangel darstelle. Insgesamt laufe die Argumentation des Berufungsgerichts darauf hinaus, bei der Beurteilung des Vorliegens eines möglichen Mangels der Mietwohnung auch für eine nicht sanierte oder nicht grundlegend modernisierte Altbauwohnung und unabhängig von entsprechenden konkreten Vereinbarungen der Mietvertragsparteien einen Neubaustandard zugrunde zu legen. Dies ist ersichtlich rechtfehlerhaft und steht im Widerspruch zu der oben dargestellten ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beurteilung des Vorliegens möglicher Mängel der Mietsache. Fazit: Im eigenen und im Namen aller anderen Altbaubestands-Vermieter sei dem achten Zivilsenat Dank gezollt dafür, dass er unsere Hälse von der norddeutschen Würgeschlinge des Instanzgerichtes befreit hat.


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